Die Johann Ludwig Schneller Schule
(JLSS)
Geschichte
Der in Württemberg geborene deutsche Pfarrer Johann Ludwig Schneller
gründete 1860 das “Syrische Waisenhaus” in Jerusalem. Unter Leitung der
Familie Schneller entwickelte und erweiterte sich das Waisenhaus,
welches Generationen von Schülern hervorragende Betreuung, Bildung und
Berufsausbildung bot. Absolventen des Syrischen Waisenhauses waren
weithin bekannt für ihr Können und ihre qualifizierte Ausbildung. So
gelang vielen der Sprung aus extremer Armut in erfolgreiche Karrieren
und Leitungspositionen in ihren neuen Wirkungsfeldern.
Das berühmte Waisenhaus überlebte den Ersten Weltkrieg und setzte danach
seinen erfolgreichen Dienst bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges fort.
Es fiel zunächst unter britische, dann unter israelische Besatzung.
Pfarrer Hermann Schneller, der Enkel des Gründers und damalige Direktor
der Einrichtung, wurde nach Australien deportiert.
Das Waisenhaus wurde nun zeitweise an verschiedene Orte verlegt. So
wurden Bethlehem und Nazareth in Palästina wie auch Chimlan und Zahlé im
Libanon jeweils für kurze Zeit zu neuen Standorten.
1948 musste Elias Nassrallah Al-Haddad mit 12 Schülern in den Libanon
fliehen. Sie waren die einzig noch verbliebenen Schüler, nachdem alle
anderen zu ihren Verwandten geschickt worden waren. Die Schüler, welche
bei Elias Nassrallah Al-Haddad geblieben waren, hatten niemanden, zu dem
sie hätten gehen können.
1951 kehrte Hermann Schneller aus dem Exil zurück in den Libanon und
mietete nach längerer Suche ein Haus in Zahlé, einer der bedeutendsten
Städte in der Bekaa-Ebene. Ende 1952 zog er mit den Kindern erneut um,
nun in das neu eröffnete Waisenhaus in Khirbet Qanafar, West Bekaa.
Zunächst wurde die Einrichtung noch unter der ursprünglichen Bezeichnung
“Syrisches Waisenhaus” geführt, dann wurde ihr mit “Johann Ludwig
Schneller Schule” ein neuer Name gegeben.
Pfarrer Hermann Schneller führte die bisherige Mission des Syrischen
Waisenhauses weiter: Benachteiligte Kinder erhielten ein fürsorgliches,
liebevolles Zuhause und hervorragende Erziehung und Berufsausbildung.
Sämtliche Besitztümer des früheren Syrischen Waisenhauses in Palästina
waren mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs der Enteignung zum Opfer
gefallen, weil sie deutschen Staatsbürgern gehörten. Um zu vermeiden,
dass sich ein solch existenzieller Verlust wiederholte, ließ Pfarrer
Hermann Schneller allen Besitz der neu gegründeten
Johann-Ludwig-Schneller-Schule auf die National Evangelical Church of
Beirut eintragen.
Bis heute besitzt und verwaltet die National Evangelical Church of
Beirut (NECB) die Schule. Seit 1972 trägt die Kirche diese Verantwortung
in Partnerschaft mit dem Evangelischen Verein für die Schneller-Schulen
(EVS) und der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS). Darüber hinaus
gibt es Partner und Freunde, welche die Arbeit der Schule unterstützen.
Aufgabe und Dienst
Die Johann-Ludwig-Schneller-Schule (JLSS) gehört zur Ortschaft Khirbet
Qanafar in der West Bekaa. Sie liegt inmitten in einer der fruchtbarsten
Gegenden des Libanon.
Die JLSS ist weit mehr als nur eine Schule. Im Moment leben rund 92
Jungen und Mädchen im Internat der Schule. Die Kinder sind zwischen drei
und zwanzig Jahre alt und aufgeteilt auf zehn „Internatsfamilien“. Alle
christlichen und muslimischen Religionszugehörigkeiten des Libanons sind
bei uns vertreten. Die meisten unserer Schüler sind Libanesen, es gibt
jedoch auch Syrer und ein paar wenige Palästinenser.
Ziel der JLSS ist es, benachteiligten Kindern ein gesundes Aufwachsen zu
ermöglichen – ungeachtet ihrer Herkunft, Nationalität,
Religionszugehörigkeit oder ihres Geschlechts. Durch Vermittlung von
Werten möchten wir ihnen etwas mit auf den Lebensweg geben, was ihnen
hilft, verantwortungsvolle und erfolgreiche Mitglieder der Gesellschaft
zu werden. Wir orientieren uns dabei am christlichen Menschenbild und
fördern einen toleranten Umgang zwischen den unterschiedlichen
Religionen.
Zusätzlich zu den Internatskindern besuchen 210 Tagesschüler aus der
näheren Umgebung unsere Schule. Je nach Begabung und Möglichkeiten der
Schüler bieten wir einen akademischen Schulabschluss oder eine
Berufsausbildung an. In beiden Bereichen legen wir großen Wert auf
qualifizierten Unterricht und hochwertiges Training.
Unsere Schulausbildung beginnt mit KG 1 (erstes Kindergartenjahr) und
geht bis Klasse 9. Wir bieten auch die Jahrgangsstufen 10 und 11 an,
sofern sich genügend Schüler dafür anmelden.
Das Berufsausbildungsprogramm kann alternativ zum akademischen Zug in
der Jahrgansstufe 7 oder 9 begonnen werden. Es umfasst alle Stufen
einschließlich Klasse 3 (DS 3) des Dualen Systems, wodurch die
Absolventen die Mittlere Reife in ihrem jeweiligen Ausbildungsberuf
erhalten. Unsere Berufsschüler nehmen an den offiziellen, externen
Prüfungen teil und erhalten somit den stattlich anerkannten
Mittlere-Reife-Abschluss im Bereich Berufliche Ausbildung. Insgesamt
erstreckt sich das Berufsbildungsprogramm der JLSS auf fünf
Ausbildungsjahre.
Unser Berufsausbildungsprogramm umfasst folgende Berufsfelder:
Automechanik, Industriemechanik, Holzbau und Schreinerhandwerk,
Industrie-Elektrik, Schneiderhandwerk und Modedesign, Friseurhandwerk
und Kosmetik.
Nach dem Vormittagsunterricht findet in den Internatsgruppen Tag für Tag
Hausaufgabenbetreuung und Unterstützung beim Lernen statt. Außerdem
bleibt Zeit für Sport, Musikunterricht, Kunst, Schach und andere
Freizeitbeschäftigungen.
Es braucht eine Menge Mitarbeiter, um solch einen großen Schul-Betrieb
am Laufen zu halten. Etwa 66 Angestellte sind hier beteiligt: Erzieher,
Lehrer, Ausbilder, Facharbeiter, Mitarbeiter in der Verwaltung, Köche,
Bäcker, ein Schularzt, Psychologen und andere. Sie alle sorgen dafür,
dass die Kinder neben der guten Erziehung und Bildung auch fröhlich und
gesund aufwachsen, und das auf einem gut gepflegten, sicheren
Schulgelände!
Etwa 100 Morgen Ackerland gehören zur Fläche der JLSS. Teile davon
werden zum Apfel- und Olivenanbau genutzt oder sind an das weithin
bekannte libanesische Weingut Ksara verpachtet. Unsere schuleigene
Bäckerei produziert gesunde Brot-und Backwaren, überwiegend nach
deutschen Rezepten. Zum einen kommen unsere Schüler in den Genuss dieser
Produkte, zum anderen werden sie im Kiosk am Eingangstor zum
Schulgelände verkauft.
Finanzen
Die wichtigsten Unterstützer der JLSS sind EVS (Evangelischer Verein für
die Schneller-Schulen) und EMS (Evangelische Mission in Solidarität) in
Deutschland. Ohne diese Partnerschaften wäre der karitative Dienst, den
unsere Schule leistet, nicht möglich.
Weitere Unterstützung erhalten wir vom Schweizer Verein für die
Schneller-Schulen (SVS), der britischen Organisation „Embrace the Middle
East“, dem Lutheran Board for Mission Support (USA), den Rotariern sowie
ehemaligen Schülern und Freunden der Schneller-Schule auf der ganzen
Welt.
Auch das libanesische Sozialministerium unterstützt uns in großem
Umfang.
Den Hauptteil unserer Einnahmen generieren wir aus den Schulgebühren der
Tagesschüler, Einnahmen aus Verpachtung und in begrenztem Umfang aus den
Umsätzen der Bäckerei, unseres Gästehauses und unseren Werkstätten.